Marktbericht 1. Quartal 2025

Rückblick 1. Quartal 2025

Ausgerechnet Europa und China profitieren von Trump

Die Kapitalmärkte sind im Anfangsquartal politisch geprägt. Die neue US-Administration unter Präsident Donald Trump startete mit der Umsetzung von „Make America Great Again“. Das verunsichert aber sogar das eigene Land. Die Kapitalmärkte reagierten bereits eindeutig. Gelder wurden aus den USA abgezogen und in andere Regionen umgeschichtet. Davon profitierten die vernachlässigten europäischen Aktienmärkte, aber auch China. Die US-Börsen gaben nach, der Dollar verlor deutlich an Wert. Die Renditen in der Eurozone zogen trotz Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank (EZB) wieder an. Dies liegt am deutschen Fiskalpaket, das nach der Bundestagswahl beschlossen wurde. Gold ist als sicherer Hafen weiter sehr gefragt und stieg auf ein neues Allzeithoch über 3.100 US-Dollar pro Feinunze.

Direkt mit der Amtseinführung wurde die im Wahlkampf angekündigte Agenda durchgezogen: Trump unterschrieb zig Dekrete, die ohne Zustimmung des Kongresses wirksam sind. Vor allem seine gefürchtete Zollpolitik sorgte für Unsicherheiten. Mit den Nachbarländern Kanada und Mexiko besteht eigentlich ein Freihandelsabkommen. Gleichwohl wurden Zölle festgesetzt, verschoben und doch überwiegend eingeführt. US-Regierungsmitglieder und auch Trump sprachen offen vom „Detox“ der US-Wirtschaft – man müsse durch eine Phase des Entzugs gehen, um mittelfristig zu gesunden. Gleichzeitig verstärkt man das Narrativ, dass die Welt die USA militärisch und ökonomisch ausnutzen würde, um daher weitere Zoll-Maßnahmen festlegen zu können. Nicht nur aus Anlegersicht mag dies erschreckend klingen, weil es massiv an bisherigen Gewissheiten und Überzeugungen rüttelt.

 

Entwicklungen im Kalenderjahr 2025 im Überblick

Quelle: FactSet, Angaben bei Aktienindizes als Gesamtertrag inkl. Dividenden.
Daten per 31.03.2025 in lokaler Währung, sofern nicht anders angegeben.

Zinsen und Anleihen

Die Ideen des Merz sorgen für steigende Euro-Renditen

In Deutschland formiert sich nach dem vorzeitigen Ampel-Aus und der vorgezogenen Wahl eine neue Regierung. Deutschlands voraussichtlich nächster Bundeskanzler Friedrich Merz weichte die „Schuldenbremse“ zu Gunsten von Investitionen mit Schwerpunkt Rüstung und Infrastruktur auf. Deutschland hat beide Themen jahrelang sträflich vernachlässigt, das Potenzial für sinnvolle Maßnahmen ist sehr groß. Die wirtschaftliche Tragweite des Paradigmenwechsels sollte keinesfalls unterschätzt werden. Zusammen mit dem „ReArm Europe Plan“ der EU wird die Fiskalpolitik insgesamt deutlich expansiver, ergo stiegen die Wachstumsaussichten der bislang lahmenden Eurozone.

Die massive Nachfrage des Staates nach bestimmten Gütern und Dienstleistungen könnte für Kostensteigerungen (sprich: mehr Inflation) sorgen, gleichzeitig türmt sich der Schuldenberg weiter auf. Deutschland konnte als eines von wenigen Ländern die Schuldenquote nach dem Anstieg durch die Finanzkrise 2008 senken. Die neuen „Sondervermögen“ kehren den Trend eindeutig um: Je nach Szenario könnten sich die Verbindlichkeiten bis 2037 von 2,7 Billionen Euro ausgehend nahezu verdoppeln. Abhängig von der konkreten Wirtschaftsleistung würde die Schuldenquote von aktuell 63 Prozent auf etwa 80 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) anwachsen – das entspricht dem letzten Hoch von 2010.

 

Entwicklung der Zinsen und Renditen in Deutschland

Grafik: Seit 2022 sind Zinsen und Renditen deutlich angezogen. Die Zinssenkungs-Maßnahmen der EZB haben dazu geführt, dass kurzfristige Gelder (vgl. 3-Monats-Zinssatz Euribor oben in blau) stetig weniger verzinst sind. Im Kontrast dazu sind aber seit der Bundestagswahl die Renditen 10-jähriger Bundespapiere (in braun) wieder deutlich angezogen. Sie liegen jetzt erstmals seit längerer Zeit wieder über den kurzfristigen Zinsen.

Quelle: FactSet, 3 Jahre, Stand: 31. März 2025 (monatliche Datenpunkte)

Das Schuldenmachen gefiel dem Anleihenmarkt nicht, er fordert eine höhere Entlohnung. Die Renditen deutscher Staatsanleihen sprangen nach der Wahl und den Äußerungen von Friedrich Merz von 2,4 Prozent auf zwischenzeitliche 2,9 Prozent deutlich an. Sie zogen als Nebeneffekt gleichzeitig die europäischen Nachbarn mit nach oben, deren Renditen typischerweise einen Risikoaufschlag zu deutschen Papieren aufweisen.

Mit Geld allein kann Deutschland seine Herausforderungen nicht lösen. Die milliardenschweren Ausgaben in Rüstung erscheinen zwar notwendig, sind aber eher konsumptiver Natur. Die neue Regierung muss daher konsequente Strukturreformen herbeiführen, um der strukturellen Krise zu begegnen. Wirtschaftsvertreter und Ökonomen mahnen immer deutlicher einen Abbau der Bürokratie und Abgabenlast, stabile Energieversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen oder auch Konzepte zur Zukunftsfähigkeit der Sozialversicherung an.

Abseits dieser politischen Geschehnisse setzte die EZB ihre Leitzins-Senkungen fort. Der Einlagensatz beläuft sich nun auf nur noch 2,5 Prozent. Die Zinsstruktur hat sich dadurch normalisiert und ist steiler geworden: mittel- und langfristige Renditen liegen jetzt deutlich über den kurzfristigen. Eine verständlicherweise abwartende Haltung nimmt die US-Notenbank Federal Reserve ein. Die Fed hielt das Leitzinsniveau konstant. Die Unsicherheit hinsichtlich der neuen Politik und des US-Wirtschaftswachstums führten dazu, dass sich die Renditen langlaufender US-Staatsanleihen im 1. Quartal sogar ermäßigten. Von etwa 4,6 Prozent ging es um 0,4 Prozentpunkte nach unten.

Währungen und Rohstoffe

US-Dollar mit historisch schwachem Auftakt – Metalle glänzen

Der konträre Verlauf der Euro-Zinsen und Renditen im Vergleich zu den USA erhöhte die relative Attraktivität des Euro. Auch die leicht verbesserten Konjunkturaussichten der Eurozone spielten der Gemeinschaftswährung in die Karten. Die fundamentalen Entwicklungen trafen auf einen Markt, der bereits stark „pro Dollar“ gestimmt und investiert war. Ausgehend von einem EUR/USD-Level bei 1,036 befestigte sich der Euro zwischenzeitlich auf fast 1,10. Der Jahresauftakt ist aus Sicht des Greenbacks als historisch schwach zu bezeichnen. Der Euro legte insbesondere im März gegenüber einem breiten Bündel an globalen Währungen und nicht nur zum Dollar zu.

Edelmetalle setzen den Rekordlauf fort: Gold erlebte das stärkste Quartal seit 1986 und stieg auf ein neues Allzeithoch. Investoren suchten das „Krisenmetall“ als sicheren Hafen und aufgrund erwarteter Zinssenkungen. Insbesondere Zentralbanken weltweit sind große Goldkäufer, zuletzt zog zusätzlich die sonstige Nachfrage deutlich an. Auch Silber zeigt sich in glänzender Verfassung und stieg auf gut 34 US-Dollar je Feinunze. Immerhin ist das der höchste Quartalsstand seit 2012. Silber liegt aber klar unter seinen bisherigen Allzeithochs von 1980 bzw. 2011 (ca. 49 USD). Der Kupferpreis als wichtiges Industriemetall war zuletzt rund 13 Prozent teurer als zum Jahresende.

Die Ölpreise der wichtigsten Sorten WTI und Brent zeigten sich hingegen nur wenig verändert.

 

Aktien

Entzauberung der Glorreichen Sieben – Rüstung und Bau gesucht

Ende Januar 2025 führte die Veröffentlichung eines kostengünstigen KI-Modells des chinesischen Start-ups „DeepSeek“ zu Sorgen um Überinvestitionen in Künstliche Intelligenz. Investoren befürchteten auch, dass die Dominanz etablierter KI-Unternehmen bedroht sein könnte. Dies führte zu einem ersten Abverkauf von Technologieaktien und bei Nvidia beispielsweise zum größten eintägigen Verlust einer einzelnen Aktie in der Geschichte der Wall Street (fast 600 Mrd. Dollar). Investoren überwanden den ersten Schock jedoch schnell und hofften auf einen „Jetzt-erst-recht-Moment“, was die Investitionen und das globale Wettrennen um die besten KI-Lösungen anbelangt.

Investoren hatten sich zuletzt sehr an die sogenannte „US-Exzeptionalität“ gewöhnt. Das ist die Umschreibung der jahrelangen Outperformance der US-Wirtschaft und vor allem ihrer größten Firmen, die als Glorreiche Sieben verherrlicht werden. Diese Ausnahmestellung hat durch mehrere Entwicklungen nun nennenswerte Kratzer bekommen. Viele US-Titel sind mit hohen Erwartungen und sehr hohen Bewertungen ins neue Jahr gegangen. Für negative Überraschungen war in dieser Konstellation wenig Raum. Insbesondere die Glorreichen Sieben verloren ab Mitte Februar überproportional zum S&P 500. Der techlastige NASDAQ Composite Index sank im 1. Quartal so stark wie seit drei Jahren nicht.

Die großen Tech-Giganten Chinas wiederum sind der Grund, warum der Hang Seng zu den absolut besten Performern im Jahr 2025 gehört: hier kamen längere Unterinvestierung und Unterbewertung zusammen. Der „DeepSeek-Moment“ entfachte ein neues Bewusstsein über die Attraktivität, Leistungsfähigkeit und Wachstumsmöglichkeiten dieser Titel – wenn man keine generellen Bedenken wegen des stark politisch beeinflussten Chinas hatte. Ein breiter Aufschwung der China-Börsen angesichts der bestehenden Herausforderungen des Landes konnte indes nicht beobachtet werden.

Highlight der ersten drei Monate war das Comeback der europäischen Aktienmärkte gegenüber den USA. Deutschlands historisches Vorhaben die Schuldenbremse zu lockern, führte zu einer Rally und Outperformance bei deutschen und europäischen Aktien. Besonders Rüstungswerte profitierten. Die Infrastrukturvorhaben der neuen Bundesregierung begünstigten die Entwicklung von Bau- und Baustoffaktien. Zudem sorgten die Friedensbemühungen Donald Trumps mit Russland und der Ukraine für zusätzliche Fantasie im Zuge des notwendigen Wiederaufbaus des kriegsgebeutelten Landes.

Die absoluten Top-Performer kommen aus den jahrelang vernachlässigten Finanztiteln. Allen voran stürmten Banken mit einem Zuwachs von rund 23 Prozent im ersten Quartal an die Spitze der europäischen Branchen, dicht gefolgt von Versicherungswerten. Gesucht waren in den letzten Wochen Richtung Quartalsende auch Titel mit defensivem Charakter wie Telekom-Unternehmen und Versorger.

Die aufkommenden Sorgen um Donald Trumps Handelspolitik erzeugten überwiegend im März Verkaufsdruck in einzelnen Branchen wie der Automobilbranche sowie für den Gesamtmarkt. So konnte der DAX sein neues Allzeithoch (23.476 Punkte) nicht halten und beendete das Quartal bei 22.163 mit beeindruckenden 11 Prozent Plus. Positiv zu erwähnen ist, dass die seit längerem lahmenden Nebenwerte ebenfalls zunehmend gesucht sind und zumindest selektive Chancen bieten.

Perspektiven 2025

US-Exzeptionalität ist abmoderiert – kommt eine „Trumpzession“?

Am sogenannten „Tag der Befreiung“ (2. April) hat Donald Trump einen globalen Basiszoll von 10 Prozent sowie weitreichende neue Importzölle für wichtige US-Handelspartner verkündet. Dieser Tag dürfte in die Geschichtsbücher eingehen, da er eine Zäsur im Welthandel bedeutet. Die USA unter Trump verabschieden sich vom freien Handel. Das durchschnittliche Zollniveau der USA entspricht ab sofort in etwa dem der 30er-Jahre des vorherigen Jahrhunderts. Die 1930 ebenfalls einseitig verhängten Zölle fügten der Weltwirtschaft damals schweren Schaden zu. Geschichte muss sich nicht zwingend wiederholen, aber es ist eine Warnung an die heutige Zeit.

Trump spricht von „reziproken Zöllen“. Sie umfassen nicht nur ein Angleichen des Zollniveaus, sondern die Berücksichtigung sonstiger Handelshemmnisse (wie u.a. strengere Regulierungen oder steuerliche Unterschiede, die US-Produkte hier teurer machen). Theoretisches Ziel dieser Maßnahmen ist eine Stärkung des Produktionsstandortes USA und die Schaffung neuer Arbeitsplätze für Amerikaner. Außerdem soll das Leistungsbilanzdefizit der Vereinigten Staaten nachhaltig verringert werden. Wer schlussendlich die Zeche bezahlt, ist aufgrund der komplexen Thematik aktuell kaum zu beurteilen. Es hängt von der Länge der Maßnahmen, möglichen Gegen- bzw. Unterstützungsmaßnahme ab, der Preiselastizität betroffener Güter bzw. möglicher Ersatzbeschaffungen und auch wie sich Währungen entwickeln. Dass vermutlich überwiegend die Konsumenten im eigenen Land mit steigenden Preisen bezahlen, scheint die US-Administration zu übersehen.

 

Dominantes Thema: Verunsicherung durch US-Handelspolitik

Grafik: Der Index visualisiert die Verunsicherung durch die Handelspolitik der Trump-Administration. Die Spitzen in den 90er-Jahren rühren aus der „NAFTA“-Thematik der Bush- und Clinton-Ära, nach 2016 steigert sich die Unsicherheit durch die erste Präsidentschaft Donald Trumps bis Sommer 2019 massiv. Der bisherige Rekordwert wird durch die laufenden Geschehnisse klar in den Schatten gestellt.

Quelle: FactSet, 40 Jahre, Stand: 31. März 2025

Dass die Zölle mit wenigen Ausnahmen höher sind und schneller in Kraft treten als erwartet, hat die Kapitalmärkte zum Redaktionsschluss (3. April, 12 Uhr) heftig durchgeschüttelt. Fraglich ist, ob und wie schnell es nun im Rahmen der aktuellen Maximalforderungen zu Verhandlungen oder Gegenmaßnahmen kommt. Die ersten Reaktionen betroffener Länder fallen sehr unterschiedlich aus. Vergeltungsmaßnahmen von betroffenen Ländern könnten den Handelskonflikt weiter eskalieren. Da die Trump-Administration Zölle als Instrument sieht, um Einnahmen für die Staatskasse zu generieren, erscheint ein signifikantes Absenken als unwahrscheinlich. Insbesondere der Mindestzoll von zehn Prozent dürfte bestehen bleiben.

Der Theorie nach wirken Zölle wie eine Art Steuer: Sie erhöhen v.a. im eigenen Land die Inflation und senken das Wachstum. Insofern wird nach der „Trumpmania“ des letzten Jahres nun diskutiert, ob nicht eine „Trumpzession“ herbeigeführt wird. Das Dilemma: Trump und einige Regierungsmitglieder haben mehrfach angedeutet, dass sie langfristige Ziele verfolgen und kurzfristige Schmerzen einer eventuellen Rezession offenbar gezielt in Kauf nehmen. In den vergangenen Monaten sind einige Stimmungsindikatoren zur US-Wirtschaft deswegen schon rückläufig. Ausgeprägt ist der Stimmungseinbruch bei den Konsumenten und zunehmend bei den Unternehmensbossen. Gleichzeitig sind die kurzfristigen Inflationserwartungen und die am Kapitalmarkt „gehandelte Inflation“ merklich gestiegen.

Erste Bremsspuren werden bereits für die Weltwirtschaft sichtbar. So revidierte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) die Wachstumsaussichten der Weltwirtschaft für das laufende Jahr von 3,3 auf 3,1 Prozent und für 2026 auf 3,0 Prozent.

US-Verbrauchervertrauen

Grafik: Der Rückgang des Verbrauchervertrauens als wichtige Stütze der US-Wirtschaft ist problematisch. Abstürze des Wertes haben oft Rezessionen zur Folge (graue Flächen).

Quelle: FactSet, 30 Jahre als Z-Score, Stand: 31. März 2025

Obwohl die Wirtschaft bisher in den vorliegenden „harten Daten“ robust bleibt und selbst wenn der Plan der Re-Industrialisierung aufgeht, dürften positive Auswirkung mit einem normalen Zeitverzug auf sich warten lassen. Die Anfang April entstandene Gemengelage aus Zöllen und daraus resultierenden Unsicherheiten deuten auf ein zunächst schwächer als erwartetes Wachstum hin (USA kleiner 1 Prozent?), aber zunächst keine Rezession. Vereinfacht gilt: Je länger die Unsicherheiten aber andauern, desto stärker dürfte sich die globale Konjunktur abkühlen, die mit gut 3 Prozent ohnehin nicht als überdurchschnittlich stark bezeichnet werden kann.

 

Effekte auf das Wirtschaftswachstum nach 3 Jahren

Grafik: Zölle kennen eigentlich nur Verlierer. Die OECD simulierte den Einfluss von 10-prozentigen Zöllen auf das Wirtschaftswachstum nach 3 Jahren. Nach Rechnung der OECD wäre der Einfluss auf die Eurozone erstaunlich gering, aber sicherlich Deutschland als Exportland besonders getroffen.

Quelle: OECD-Wirtschaftsausblick, Interimsbericht März 2025

Gerade die von der Exportnation Deutschland geprägte Eurozone wird sich diesem Szenario trotz fiskalpolitischer Expansion nicht vollständig entziehen können. Die Chance wächst, dass man die neuen Herausforderungen nicht nur mit Vergeltungsmaßnahmen beantwortet, sondern endlich notwendige Strukturreformen anpackt. Der Standort muss für Unternehmen und Unternehmer wieder attraktiver werden, die Wettbewerbsfähigkeit der Firmen im globalen Vergleich strukturell begünstigt werden.

Die US-Notenbank Fed steht in der aktuellen Konstellation vor einer Herkulesaufgabe, weil die US-Inflation mangels günstiger Basiseffekte zum Vorjahr spätestens im 2. Halbjahr markant steigen könnte. Die Fed steht vor dem kniffeligen Fall eine teils zollinduzierte Inflation zu bekämpfen, ohne die Wirtschaft mit zu hohen Zinsen auszubremsen. Die Märkte erwarten derzeit bis zu vier Zinssenkungen im laufenden Jahr, was deutlich über die letzte Kommunikation der US-Notenbanker hinausgeht. Auch die EZB dürfte vorerst eine unterstützende Politik betreiben und die Zinsen angesichts der Unsicherheiten mindestens auf 2,0 Prozent (Einlagensatz) senken.

Was bedeutet dies für Anleger? Vieles wird jetzt davon abhängen, ob die USA in eine Rezession rutschen oder nicht. Im ersten Quartal haben als Schwergewichte die „Glorreichen 7“ den Markt nach unten gezogen. Eine handfeste Abkühlung der US-Wirtschaft bzw. Weltwirtschaft erscheint zum Auftakt des 2. Quartals nicht vollständig eingepreist. Man kann angesichts der unklaren Situation aktuell aber nur mutmaßen, ob es sich um eine „idealtypische“ Korrektur von ca. 10-15 Prozent am Aktienmarkt handelt, die nach zwei dicken Plusjahren normal ist. Die Situation entwickelt sich sehr dynamisch und daher dürfte auch im weiteren Jahresverlauf die Volatilität erhöht bleiben.

 

Anlegerstimmung am Beispiel der US-Privatanlegerumfrage (AAII)

Grafik: Die Privatanleger-Umfrage der American Association of Individual Investors (AAII) zeigt einen für ein (Zwischen-)Tief typischen Pessimismus an.

Quelle: FactSet, 10 Jahre, Stand: 31. März 2025

Zum Jahresende haben wir an dieser Stelle die Wichtigkeit der Diversifikation im Rahmen der Vermögensaufteilung betont. Die Zölle gelten für die einzelnen Länder und Regionen in sehr unterschiedlicher Weise, was neben positiven Streuungsaspekten im Sinne des Risikos grundsätzlich Chancen nach dem ersten Schock eröffnet. Die Unsicherheiten dürften in Kürze einen ersten Höhepunkt erreichen. Dennoch sollte man zunächst an einer vorsichtigeren Ausrichtung festhalten: Aktien sollten je nach Sicherheitsbedürfnis nicht übergewichtet werden und trockenes Pulver vorhanden sein. Viel zu wenig spricht aktuell für eine neue Hausse-Bewegung, außer aus antizyklischen Aspekten die deutlich verschlechterte Anlegerstimmung (vgl. Grafik oben).

Anleihen bester Bonitäten und insbesondere das Krisenmetall Gold sollten in dieser Situation mindestens kurzfristig noch profitieren können. Im Falle der Anleihen könnte sich das Blatt jedoch wenden, wenn Schulden- oder Inflationsängste gerade bei längeren Laufzeiten wieder zu steigenden Renditen führen. Sie sind möglicherweise das beste „Korrektiv“ für Donald Trumps Handlungen.

Länder und Regionen, die fiskalpolitischen Spielraum haben und keine Überbewertung aufweisen, bleiben relativ interessant. Dies gilt z.B. für Deutschland, Europa und China (aufgrund der Schuldensituation aber nicht für die USA, die man vorerst neutral gewichten sollte). Jedoch könnten sich die angekündigten Investitionen in Infrastruktur oder Rüstung auch als ein Strohfeuer der Bundesregierung entpuppen, wenn nicht weitere Reformen folgen.

Schwellenländer-Aktien scheinen auf den ersten Blick besonders von den Zöllen getroffen zu sein. Sie sind aber historisch weniger anfällig für Handelskonflikte und könnten von einem weiter zur Schwäche neigenden US-Dollar profitieren. Substanz- und „Valuewerte“ sowie defensivere Branchen können helfen, die volatile Zeit zu überbrücken. Damit sind Titel des Basiskonsums oder aus Bereichen gemeint, die von Zöllen nicht getroffen werden (wie z.B. lokale Versorger oder Telekom-Unternehmen). Auf die Preissetzungsmacht der Unternehmen wird es für einige Zeit noch stärker ankommen, da die Zölle oder Gegenzölle ansonsten auf die Margen und Profitabilität durchschlagen.

Fazit: Mit dem Ziel, das rekordhohe US-Budgetdefizit zu reduzieren, dürften viele Handelsmaßnahmen der Trump-Administration permanent bleiben. Der „Tag der Befreiung“ dürfte zwar den Höhepunkt der Zollankündigungen markiert haben und die Schlagzeilen im weiteren Verlauf tendenziell positiver ausfallen. Dennoch sind die wirtschaftlichen Unwägbarkeiten noch zu groß für einen nachhaltigen Aufschwung. Für Investoren bedeutet dies weiterhin erhöhte Schwankungen an den Kapitalmärkten und einen zurückhaltenden Umgang mit Risikopositionen.

Allerdings dürfte das Umfeld mittelfristig erhebliche Chancen in ausgesuchten Investments eröffnen. Um die Risiken zu glätten, gehören vorerst noch Anlageformen ins Depot, die von Zöllen nicht direkt betroffen sind oder im Einzelfall von den Unsicherheiten profitieren können.

 

US-Gewinnschätzungen auf Sicht der kommenden 12 Monate (noch) konstant

Grafik: Noch sind die Gewinnschätzungen für die US-Unternehmen (in blau) recht stabil und keine gefährlichen Revisionen nach unten erkennbar.

Zwar sind die Kurse jetzt schneller gefallen als die Gewinnerwartungen, der S&P 500 aber mit einem erwarteten Kurs-Gewinn-Verhältnis von etwa 20 (ohne Abb.) immer noch über dem historischen Schnitt von etwa 18 bewertet. Der europäische Markt gemessen am STOXX Europe 600 ist nur mit seinen etwa 14-fachen Gewinnen deutlich günstiger bewertet. Ähnliches gilt für Asien und Japan.

Quelle: FactSet seit 2001, Stand: 31.03.2025